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26.07.2021 | Insight

Taxonomiekonformität bei Objekten?

Interview mit Corinna Haas, Transactions-Projektleiterin

Corinna Haas, Transactions-Projektleiterin

Im März dieses Jahres ist die EU-Offenlegungsverordnung in Kraft getreten. In den kommenden beiden Jahren folgt schrittweise die Anwendung der Taxonomieverordnung. Ergeben sich bei der Commerz Real dadurch Änderungen in der Objektauswahl und im Ankaufsprozess?

Wir entwickeln schon seit 2019 ein internes Nachhaltigkeits-Bewertungssystem für die Objektauswahl und für Immobilien im Ankauf: die „Sustainability Due Diligence“. Mit diesem Prozess bewerten wir neben der Nachhaltigkeit im Allgemeinen speziell auch ESG-Kriterien. Dadurch können wir neue Objekte mit dem Immobilienbestand der jeweiligen Sondervermögen vergleichen. Die EU-Offenlegungsverordnung bringt für uns vor allem Veränderungen im Berichtswesen wie etwa beim regelmäßigen Reporting mit sich. Das gilt ebenso bei vorvertraglichen Informationen. Dafür müssen nun sehr viele ESG-Daten erhoben und strukturiert werden. Mit dieser Datenerhebung beginnen wir bereits im Ankauf und stellen damit sicher, dass diese Informationen ohne Verluste auch weiterhin im Asset-Management genutzt werden können.

Die ab 2022 schrittweise anzuwendende Taxonomieverordnung enthält unter anderem zwei Anhänge mit konkreten technischen Kriterien zur Bestimmung, wann eine Tätigkeit als ökologisch nachhaltig gewertet wird, im Hinblick auf die Umweltziele Klimawandel und Klimaschutz. Um darauf gut vorbereitet zu sein, arbeiten wir diese Bewertungskriterien bereits jetzt in unser Bewertungstool ein und bestimmen so, wie „taxonomiekonform“ unsere Objekte sind.

Viele Zertifikate werben damit, die Nachhaltigkeit von Immobilieninvestments zu belegen. Anlegern fällt es schwer, da den Überblick zu behalten. Welche Bedeutung haben diese Zertifikate für den Einkauf bei der Commerz Real – und ist auch die Investition in ein Objekt möglich, das keine Zertifizierung hat?

Zertifizierungsregime wie DGNB, LEED oder BREEAM vermitteln oft einen guten ersten Eindruck von einer Immobilie. Jedoch sind sie kaum miteinander vergleichbar, weil ihnen teilweise ganz unterschiedliche Bewertungssysteme zugrunde liegen. Bei einem international diversifizierten Portfolio wird die Zahl der Zertifikate und Kriterien schnell unübersichtlich. Trotzdem haben sich Zertifikate vor allem im Neubau etabliert. Sie haben für uns dabei den Charakter einer „Mini-Due-Diligence“ und gehören im Ankauf zum guten Ton. Die fehlende Vergleichbarkeit der Zertifikate war ein maßgeblicher Grund dafür, dass wir unser eigenes Nachhaltigkeits-Bewertungssystem entwickelt haben. Dadurch sind wir unabhängig von Dritten und haben eine einheitliche Metrik für die Bewertung von Portfolios. Da alle Objekte im Einkauf mit unserem System bewertet werden, ist für uns auch die Investition in Objekte ohne Zertifizierung möglich. Die Produkte investieren ja nicht nur in Neubauprojekte, sondern ebenso in den Bestand oder Objekte mit einem perspektivischen Entwicklungspotenzial. So können möglicherweise enorme Nachhaltigkeitspotenziale identifiziert werden. Über Zertifikate wären diese vielleicht gar nicht erkennbar gewesen.

Auf welche Nachhaltigkeitskriterien achtet die Commerz Real?

Wir prüfen insgesamt etwa 75 Nachhaltigkeitsparameter aus den drei ESG-Bereichen, also Environment, Social und nicht zuletzt Governance. Das reicht vom CO2-Fußabdruck über optimierte Gebäudeautomation bis hin zur Förderung von nachhaltiger Mobilität in unseren Objekten. Außerdem haben wir die Anforderungen einiger ESG-Tools und Reporting-Standards in unseren Kriterienkatalog aufgenommen. Dazu gehören etwa das Rating von Scope und die EU-Taxonomie. Deshalb können wir zusätzliche Bewertungen für Finanzprodukte vornehmen, die durch die bestehenden Zertifikate nicht abgedeckt werden. Darüber hinaus werden physische und transitorische Klimarisiken der Objekte bewertet, wie es auch die Taxonomie erfordert. Dies ist vor allem im Kontext einer perspektivischen Portfolioausrichtung wichtig.

Gibt es bestimmte Objektarten oder Kriterien, die einen möglichen Ankauf von vornherein ausschließen?

Grundsätzlich schließen wir keine Objektarten von vornerein aus. Aber Objekte, die nicht nachhaltig sind und auch kein Verbesserungspotenzial besitzen, sind für uns natürlich wenig interessant. Sie bergen zudem transitorische Klimarisiken. Wenn Objekte, potenzielle Käufer oder Verkäufer nicht vereinbar mit unseren Werten im Hinblick auf verantwortungsvolle Unternehmensführung sind, werden wir sie einer genaueren Untersuchung unterziehen und dann gegebenenfalls ausschließen.

Werden Objekte auch abgelehnt, weil der Mieter dazu beiträgt, dass das Objekt schlechter in Ihrem Nachhaltigkeits-Bewertungssystem abschneidet?

Wir prüfen im Auftrag der Sondervermögen unsere Mieter und haben einen entsprechenden Geschäftspartnerprozess etabliert, in dem wir uns an internationalen Standards orientieren. Dabei richten wir uns wie die Commerzbank nach den „UN Principles for Responsible Investment“ (PRI). Grundsätzlich ist es aber unser Ansatz, weniger mit Verboten als vielmehr mit Angeboten zu agieren. Mit ihnen wollen wir Mieter von den positiven Impulsen der Nachhaltigkeit überzeugen. Wir haben vor diesem Hintergrund zum Beispiel einen Mieterleitfaden entwickelt und etablieren auch bei neuen Mietverträgen oder bei entsprechenden Möglichkeiten im Bestand eine Klausel zum Austausch von Daten. Gerade das Potential der Digitalisierung zahlt direkt auf den Bestand ein. Wir sind überzeugt davon, dass wir hier noch viele interessante Optionen für unsere Mieter etablieren können.

Bereits seit geraumer Zeit werden alle Gemeinschaftsflächen, sowie die haustechnischen Anlagen unseres deutschen und französischen Immobilienportfolios mit Ökostrom versorgt. Dieser Ökostrom-Tarif wurde zusammen mit dem Unternehmen Mainova eigens für die Commerz Real entwickelt und vom TÜV Rheinland zertifiziert. Er wird zudem allen Mietern als eigener Vertrag angeboten. Und auch im Ausland sind wir bereits aktiv und versuchen dort, den Energieeinkauf neu zu strukturieren.

Die wichtigste Frage ist aber doch: Schließen sich Nachhaltigkeit und eine gute Rendite nicht gegenseitig aus, etwa weil die Ankaufspreise deutlich höher sind?

Nein, ganz im Gegenteil! Das Thema Nachhaltigkeit ist mittlerweile nicht nur als wesentliches Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch die Finanzindustrie und Anleger richten ihre Produkte auf ESG und Nachhaltigkeit aus. Daher ist es aus unserer Sicht gar keine Frage, ob sich nachhaltige Produkte durchsetzen werden. Vielmehr sehen wir Risiken für solche Objekte, die nicht nachhaltig sind. Natürlich kann es sein, dass im Ankauf ein Aufpreis für nachhaltige Immobilien gezahlt wird, aber oft bieten diese Objekte dafür Einsparungen im Betrieb. Immer mehr Mieter legen zudem Wert auf nachhaltige Immobilien. Unserer Erfahrung nach erzielen nachhaltige Objekte höhere Mieten und können besser verkauft werden. Wir können damit rechnen, dass die energetischen Vorgaben für Immobilien in Zukunft eher noch verschärft werden. Daher sind nachhaltige Gebäude zukunftssicherer im Vergleich zu „konventionellen“ Immobilien. Außerdem laufen nicht nachhaltige, langfristige Immobilieninvestments Gefahr, dass sie Klimarisiken bergen oder den Anforderungen des Marktes nicht mehr genügen und dadurch letztlich zu Stranded Assets werden.

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