Es werden Immobilienmodelle mit Bezug zum Thema Nachhaltigkeit auf einer Handfläche abgebildet

Institutionals Der Brüsseler „Action Plan“ im Überblick

02.06.2021 5 Minuten Lesezeit

Brüsseler Verordnungen ebnen den Weg nach vorn

Der Nachhaltigkeitswandel wird zunehmend spürbar – und nimmt auch in der Finanz- und Investmentbranche einen festen Platz ein, wenn es um die Verabschiedung neuer Regelwerke geht. Mit dem Brüsseler „Action Plan“ setzt die Europäische Union einen wichtigen Meilenstein in der Umwelt- und Klimapolitik.

Für transparente Nachhaltigkeit

Brüssel hat mit der Offenlegungsverordnung („Sustainable Finance Disclosure Regulation“, kurz: SFDR) und der Taxonomieverordnung zwei verbindliche Regelwerke verabschiedet. Darin wird ein regulatorischer Rahmen für ökologisch beziehungsweise klimapolitisch nachhaltiges Investieren festgelegt. Beide Regelwerke gelten sowohl für institutionelle als auch für Privatanleger:innen. 

Ein entscheidender Aspekt hierbei: Es handelt sich um EU-Verordnungen, nicht um EU-Richtlinien. Als Verordnungen verfügen die beiden Regelwerke über unmittelbare Rechtswirkung in allen EU-Mitgliedsstaaten. Damit wird eine EU-weite einheitliche Gültigkeit gewährleistet, ohne dass nationale Gesetzgeber daran individuelle Anpassungen vornehmen müssen. Diese Regelungen nehmen die ESG-Strategie („Environmental“, „Social“, „Governance“) des Fonds und des Managements in den Blick. Bei der Überprüfung der Nachhaltigkeit geht es also nicht nur um ökologische, sondern auch um soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeitsbemühungen. 

Zentrales Element ist dabei die unbedingte Einhaltung der Transparenzpflichten. Das geschieht jedoch erst einmal nur auf Fondsebene, denn die Verordnungen leisten keine standardisierte ESG-Bewertung für einzelne Fondsobjekte, etwa Immobilien. Hier stehen die jeweiligen Branchen selbst in der Verantwortung, die Nachhaltigkeit einzelner Vermögenswerte mithilfe von Zertifizierungen oder Rating-Agenturen sicherzustellen. 

Doch genau hier liegt die Herausforderung: Denn die unterschiedlichen Bewertungsinstrumente sind zwar mittlerweile sehr ausgereift, doch noch immer nur schwer vergleichbar. Ihre Nutzung bleibt zudem nach wie vor freiwillig. Das bedeutet: Verfügt ein Investmentfonds nicht über ein Nachhaltigkeitszertifikat, sagt das nur wenig über die tatsächliche Nachhaltigkeit des Fonds aus.

ECORE: Gemeinsam neue Standards setzen

Um genau diese Lücke zu schließen, hat die Immobilienbranche die Initiative ECORE – ESG Circle of Real Estate ins Leben gerufen. Ziel der Initiative ist es, eine Vereinheitlichung von ESG-Parametern und Daten zu erreichen und so innerhalb der Branche einen gemeinsamen Standard zu etablieren. 

Die Vereinheitlichung würde nicht nur für mehr Vergleichbarkeit innerhalb der Branche sorgen, sondern auch den Aufwand bei Transaktionen und im Property Management verringern. Aktuell steht die Immobilienbranche hier aber noch ganz am Anfang ihrer Bemühungen um Standardisierung. 

Damit ist sie jedoch heute schon weiter als andere Branchen wie beispielsweise der Infrastruktursektor: Hier lassen sich aktuell noch keine Anzeichen für derartige Bestrebungen erkennen. Der Impuls in der Immobilienbranche ist dank ECORE nun also gesetzt – und zielt in die richtige Richtung

Die beiden Verordnungen sind wichtige und notwendige Meilensteine der europäischen Green-Finance-Strategie, die wir vorbehaltlos unterstützen. ESG-Faktoren sind bei allen unseren Spezial- wie Publikumsfonds wichtige Kriterien, denn nur so bleiben sie nach unserer Überzeugung langfristig wettbewerbsfähig. Dies werden wir durch entsprechende Einstufungen dokumentieren. Unser Immobilienfonds hausInvest beispielsweise erfüllt als einer der ersten Offenen Immobilienpublikumsfonds nach der neuen Offenlegungsverordnung die Transparenzpflichten für ein in Artikel 8 genanntes Transparenzprodukt.
Porträtbild von Viola Joncic, Head of Sustainability
Viola Joncic
Head of Sustainability

Ein wichtiger Meilenstein

Natürlich ergeben sich dabei immer neue Herausforderungen: Der Fokus liegt bei beiden Verordnungen stark auf ökologischen und klimapolitischen Maßnahmen. So bleibt zum Beispiel der Aspekt der nachhaltigen Unternehmensführung („Governance“) in beiden Regelwerken weitestgehend unberücksichtigt. Auch erhöht sich durch die Verordnungen der bürokratische Aufwand in der Fondsverwaltung. Das kann sich auch auf Anleger:innen auswirken, zum Beispiel in Form von höheren Fondsverwaltungsgebühren. 

Doch trotzdem stellen die neuen EU-Verordnungen eine wichtige Neuerung dar, indem sie zu mehr Transparenz verpflichten. Das sorgt auch bei Investor:innen dafür, Anlageentscheidungen leichter und gezielter treffen zu können. Und das ist insbesondere für eine nachhaltigere Zukunft bedeutsam: Denn vom allgemeinen Anlageverhalten hängt ab, wie schnell und konsequent sich Nachhaltigkeit am Finanzmarkt durchsetzt und auch auf konventionelle Finanzdienstleister übergreift. 

In jedem Fall ist mit dem Brüsseler „Action Plan“ ein großer und wichtiger Schritt dafür getan, um Nachhaltigkeit noch stärker in der Finanz- und Investmentwelt zu verankern. Und mit Initiativen wie ECORE gewinnt diese Entwicklung hoffentlich noch mehr an Momentum.