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Die Bilder von den Überflutungsgebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dürften in Deutschland noch lange im Gedächtnis bleiben. Nicht zum ersten Mal, aber erstmals in dieser Dimension ist es nun für jeden offensichtlich: Der Klimawandel ist längst auch in Deutschland bemerkbar.
Damit gerät auch der Umbau der Energieerzeugung in Deutschland und Europa wieder stärker in den Fokus von Politik und Wirtschaft – auch angesichts der Bundestagswahlen Ende September. Wie ist aktuell der Stand der Dinge insbesondere im Ausbau der Windenergiekapazitäten und an welchen Stellschrauben könnte eine neue Bundesregierung ansetzen?
Windkraft-Neubau erholt sich langsam vom Einbruch
Mit der Umstellung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf ein Ausschreibungsverfahren für die öffentliche Förderung ist der Ausbau der Windenergie in Deutschland Ende 2018 und 2019 förmlich zusammengebrochen. Betrug die neu ans Netz gegangene Onshore-Windkraftkapazität nach Angaben des Bundesverbands WindEnergie1 2017 noch mehr als 5.300 MW brutto, fiel diese Zahl 2018 auf 2.400 MW und 2019 schließlich auf nur noch 1.100 MW. Doch seither geht es wieder langsam bergauf; es scheint, als haben sich die Projektentwickler mit dem neuen Förderregime arrangiert. 2020 betrug der Neubau 1.431 MW, für 2021 werden wieder deutlich mehr als 2.000 MW prognostiziert.2 Notwendig wäre aber mindestens das Doppelte, um den Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom zu kompensieren und Klimaziele zu erreichen.
Somit zeigt sich, dass mittlerweile auch unter Ausschreibungsbedingungen die Windkraft in Deutschland als Investment lohnenswert sein kann. Nach der Anschubförderung durch das EEG funktioniert der Ausbau auch auf privatwirtschaftlicher Basis. Das sehen wir übrigens auch beim zunehmenden Direktvertrieb von Strom aus Photovoltaikanlagen über Power Purchase Agreements (PPAs).
Doch dies ist kein Grund zur Entwarnung: Der Zubau erfolgt aktuell fast ausschließlich in Norddeutschland. In Süddeutschland stockt es weiterhin. Nicht nur die Fördersystematik ist ein Hindernis, sondern auch Abstandsregelungen zur Wohnbebauung, lokalpolitische Widerstände und bürokratische Verzögerungen. Solange aber gleichzeitig der Ausbau der großen Stromübertragungstrassen von Nord nach Süd lahmt, droht dies langfristig zu einem Versorgungsproblem zu werden. Beides – der Windkraftausbau in Süddeutschland und die Stromtrassen – muss künftig forcierter vorangetrieben werden.
Repowering als große Chance droht zu versanden
Eine große Chance steckt derzeit im Repowering von Windkraftanlagen – also im Ersetzen älterer Anlagen durch neue, größere und modernere Einheiten. Das unter der rot-grünen Bundesregierung entstandene EEG feierte kürzlich sein 20jähriges Jubiläum. Das bedeutet, dass nunmehr die ersten Anlagen aus ihrer 20-jährigen Förderperiode herausfallen, was sich in den kommenden Jahren noch beschleunigen wird. Für die Betreiber stellt sich die Frage, ob diese Anlagen nun ohne Förderung einfach weiterlaufen sollten oder ob ein Neubau ertragreicher wäre – zumal Größe und Effizienz von Windkraftanlagen seither enorme Fortschritte gemacht haben. Nicht zuletzt angesichts der immer häufiger werdenden Standortkonflikte kommt hinzu: In diesen Fällen gibt es schon – auch bezüglich der Windausbeute – etablierte und akzeptierte Standorte. Dennoch zieht Repowering in der Regel neue Genehmigungsverfahren nach sich (siehe unseren Beitrag vom 8. Dezember 2020 . Hier liegt mithin enormes Ausbaupotenzial brach.
Erst mit dem Jahresbeginn 2021 ist die jüngste EEG-Novelle in Kraft getreten. Neben gesetzlich vorgeschriebenen Ausbauzielen und einigen Anreizen für Kommunen wurde vor allem die „Post-Förderungs-Ära“ vorbereitet, also Regelungen zum Umgang mit ausgeförderten Anlagen. Für ausgeförderte Windenergieanlagen ist – auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie – vorübergehend eine Ausschreibung für eine verlängerte Förderung bis Ende 2022 möglich. Dies ist eher eine Vertagung als eine entschlossene Antwort auf die Repowering-Frage. Die wird sich hingegen einer zukünftigen Bundesregierung mit zunehmendem Handlungsdruck stellen, sobald die ersten ausgeförderten Anlagen an attraktiven Standorten ersatzlos demontiert werden.
Unser Standpunkt:
„Ohne einen entschlossenen weiteren Ausbau der Windkraftkapazitäten ist die Energiewende in Deutschland im avisierten Zeitraum nicht zu schaffen. Dazu gehört nicht nur die Stromerzeugung selbst, sondern auch die Infrastruktur zur Verteilung und Speicherung. Leider hinkt Deutschland dem eigenen Anspruch weit hinterher, sei es wegen überbordender Bürokratie oder lokalpolitischen Widerständen. Gerade im Repowering schlummert 20 Jahre nach Einführung des EEG großes Potenzial. Eine neue Bundesregierung steht beim Thema Windenergie vor großen Aufgaben.“
Heiko Szczodrowski, Head of Asset Structuring, Commerz Real