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Von Oliver Köpke (Asset Liability Management) und Lothar Scheibner (Asset Financing), Commerz Real AG
Zuletzt ist die Finanzierung von Immobilien und Projekten immer komplexer geworden. Denn nicht nur gibt es am Markt neue alternative Anbieter, auch die Regulierung ist für die Kreditinstitute strenger geworden – und das Thema Nachhaltigkeit stellt ein weiteres wichtiges und neues Kriterium dar. Die Chance für Kreditnehmer liegt in der gewachsenen Vielfalt der angebotenen Finanzierungslösungen – auch wenn das großvolumige Kreditgeschäft überwiegend von den klassischen Banken betreut wird.
Seit mehr als zehn Jahren lebten wir in der Eurozone und speziell in Deutschland in einem Umfeld sehr niedriger Zinsen. Nun hat die EZB angesichts der extrem gestiegenen Inflation im Juni den Beginn einer Zinswende und damit ein Abbremsen der expansiven Geldpolitik eingeläutet. Mindestens zwei Leitzinserhöhungen in diesem Jahr wurden angekündigt, mit weiteren Zinserhöhungen in 2023 wird am Markt gerechnet [Anm. der Redaktion: Stand zum ursprünglichem Erscheinungsdatum des Artikels im Juni 2022. Inzwischen wurde der Leitzins im Euroraum bereits um 0,5 Prozent erhöht.]. Dies hat bereits erhebliche Auswirkungen auf die Zinsstrukturkurven und somit auch auf die Finanzierungskonditionen an den Kreditmärkten. Doch im historischen Vergleich liegen die Zinsen nach wie vor auf niedrigem Niveau, vor allem bereinigt um die hohe Inflation. Kreditnehmer mögen sich über günstige Finanzierungskonditionen in einem wettbewerbsintensiven Umfeld freuen, auch wenn sich dieses Umfeld bei den Eigenkapitalrenditen bemerkbar machte. Doch für die Banken ging dies mit niedrigen Zinsmargen einher. Daraus folgten Effizienz- und Kostendruck. Darauf haben die Institute einerseits mit weiteren Konsolidierungen und andererseits mit Innovationen und Standardisierungen reagiert, um das Kreditgeschäft effizienter zu machen und Skaleneffekte zu erzielen. An dieser grundsätzlichen Ausrichtung wird sich auch durch die Zinswende nichts wesentlich ändern.
Keine standardisierte Plattform kann den festen Ansprechpartner in der Bank ersetzen
Im Geschäft mit kleineren Ticketgrößen ist eine Plattformlösung eher Erfolg versprechend, da dies granularer und besser standardisierbar ist. Deals im Großkreditgeschäft mit komplexen Strukturierungen lassen sich nur schwer standardisieren oder gar automatisieren, feste Ansprechpartner bei der strukturierenden Bank bleiben an dieser Stelle ein wichtiger Faktor. Das bedeutet allerdings nicht, dass Plattformen oder Technologien wie die Blockchain kein Potenzial hätten, etwa bei der Vereinfachung von Prozessen. Solche digitalen Hilfsmittel können in Zukunft wichtige Unterstützung leisten, aber das Kreditgeschäft als „People‘s Business“ nicht ersetzen. Gleichzeitig stellt die Regulierung für Banken eine stetig wachsende Herausforderung dar. Einerseits haben sich die tatsächlichen Marktwerte stark von den regulatorisch relevanten Beleihungswerten entfernt. Für höhere Beleihungsausläufe müssen die Banken selbst höhere Eigenkapitalpuffer vorhalten. In diese Lücke bei den höheren Beleihungsausläufen stoßen nun vermehrt alternative Fremdkapitalgeber vor, zum Teil mit Mezzanine-Instrumenten oder Ähnlichem. Stark regulierte Player wie Commerz Real sind davon allerdings nicht betroffen, weil entsprechend hohe Fremdkapitalquoten in der Regel ohnehin gemieden werden und somit in der Regel kein Mezzanine-Kapital notwendig ist.
Vorzeichenumkehr bei Green Finance
Zum bedeutendsten Faktor am gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkt wird das Thema Green Finance. Für die Kreditgeber werden Nachhaltigkeitsfragen zu einem essenziellen Kriterium. Schon heute sind ESG-Scorings Teil vieler Kredit-Ratings und haben zumindest moderate Auswirkungen auf die Konditionen. Dabei ist schon jetzt in vielen Teilsegmenten der Immobilienfinanzierungen eine Vorzeichenumkehr zu beobachten: Nachhaltigkeitskriterien sind keine positiv hervorstechenden Zusatzeigenschaften mehr, sondern Standard, für den es keinen Bonus gibt – sondern umgekehrt einen Malus für die Finanzierung nicht nachhaltiger Aktivitäten und Gebäude. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir unsere Assets einem „Sustainability Scoring“ unterzogen.
Ein Teil unserer Fonds sind bereits als Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds eingestuft, was auch für die finanzierenden Banken Relevanz hat. Im Neugeschäft sind entsprechende ESG-Kriterien ebenfalls bereits ein wichtiges Kriterium für unsere Finanzierungspartner. Hinzu kommt, dass derzeit ein Investment-Fokus auf gefördertes Wohnen gelegt wurde. Um entsprechende Förderungen und Zuschüsse zu erreichen, sind Nachhaltigkeitskriterien wie Energieeffizienz oder bezahlbare Mieten eine wichtige Voraussetzung.
Trend zur Finanzierung über den Kapitalmarkt
Ein weiterer Trend, der momentan erkennbar ist, ist die mögliche Aufnahme von Fremdkapital über Anleiheemissionen am Kapitalmarkt. Die Anleihen haben ein Volumen von 300 bis 500 Millionen Euro, werden über ein Emissionsprogramm als Dokumentation für die Investoren ausgegeben und erhalten ein Rating von externen Agenturen (S&P, Moody’s oder Fitch).
Diese öffentlich platzierten Anleihen bieten neben einer hohen Visibilität am Kapitalmarkt eine Diversifizierung hin zu neuen Fremdkapitalgebern und können im Rahmen der Mittelbeschaffung eine weitere Quelle neben klassischen Finanzierungsformen bilden. Ebenso sollte eine Verknüpfung zum Trend der Nachhaltigkeit erfolgen, indem die Anleihen als „Green Bonds“ emittiert werden. Allerdings steckt der Anleihemarkt für Immobilienfonds vor allem in Deutschland noch in den Kinderschuhen, erste Emittenten planen aber bereits die Ausgabe von Anleihen in naher Zukunft.
Mit einer stärkeren Ausbreitung dieser Finanzierungsform können sich auch für uns Möglichkeiten ergeben, die Option der Anleiheemission zukünftig zu nutzen. Aktuell sind die Finanzierungskonditionen im Vergleich zu Bankdarlehen noch höher, auch dies sollte sich mit Etablierung dieser Finanzierungsform am Markt ändern.